Es ist ein historischer Ort. Im Schloss Belvedere, wo vor genau 70 Jahren am 15. Mai 1955 der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde, erinnerte Bundeskanzler Christian Stocker ambei einem Staatsakt an die Bedeutung dieses denkwürdigen Ereignisses und an den bleibenden Auftrag für sie Zukunft. In seiner Rede beschwor Stocker die Neutralität Österreichs und den Wert von Freiheit. Bereits am Vormittag wurde im Parlament bei einem Festakt der Staatsvertragsunterzeichnung gedacht.
„Österreich ist frei!“ – mit diesen Worten zitierte der Bundeskanzler den legendären Satz von Außenminister Leopold Figl vom 15. Mai 1955. „Diese drei Worte sind mehr als ein historischer Satz. Sie sind ein Vermächtnis“, betonte Stocker. Damals sei Österreich nach zehn Jahren alliierter Besatzung wieder eine souveräne Republik geworden. Das Ende der Zonengrenzen und die Rückkehr der Kriegsgefangenen hätten den Beginn der 2. Republik eingeläutet.
Stocker: „Nur die Einheit führt zur Freiheit“
Der Kanzler erinnerte daran, wie entscheidend damals Mut, Einigkeit und Pragmatismus gewesen seien: „Es war die Kraft einer politischen Kultur, die wusste: Nur die Einheit führt zur Freiheit.“ Diese Haltung, so Stocker, habe Österreich zu einem „der schönsten, wohlhabendsten und sichersten Länder dieser Erde“ gemacht.
Der Bundeskanzler blickte in seiner Rede nicht nur in die Vergangenheit, sondern ging auch auf die Gegenwart ein. „Im Jahr 2025 steht die Souveränität unserer Republik außer Frage – aber die Bedeutung der Freiheit ist gewachsen“, sagte Stocker. Er verwies auf weltweite Bedrohungen durch autoritäre Systeme, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Zunahme von Populismus und Desinformation auch innerhalb Europas.
Plädoyer für Neutralität
Freiheit, so der Kanzler, müsse „immer wieder neu errungen werden“. In diesem Kontext hob er auch die Bedeutung der europäischen Union und der österreichischen Neutralität hervor: „Unsere Neutralität war und ist niemals eine Gesinnungsneutralität. Denn: Neutralität heißt nie Gleichgültigkeit. Niemals gleichgültig gegenüber Unrecht, niemals neutral gegenüber Angriffen auf die Freiheit anderer.“ Damals wie heute gelte laut Stocker, dass die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren die Maxime sei.
Stocker schloss mit einem Appell an die Verantwortung der Gegenwart: „Ein Österreich, das geeint ist, weil es weiß, dass Freiheit niemals durch Ausgrenzung und Hass, sondern nur durch Zusammenhalt bewahrt wird.“ Der Geist von 1955 sei nicht bloß Erinnerung, sondern Auftrag: „Es liegt an uns, dass diese Freiheit lebendig bleibt. Es liegt an uns, sie zu verteidigen. Und es liegt an uns, sie zu gestalten.“